Hilfestellung zur Ermittlung der Hangneigung

Der Bundesgesetzgeber hat im Jahr 2020 mit § 5 Düngeverordnung (DüV) und § 38a Wasserhaushaltsgesetz (WHG) Vorschriften erlassen, die vom Rechtsunterworfenen konkrete Handlungen bzw. Unterlassungen auf den an Gewässern angrenzenden Flächen in Abhängigkeit der vorliegenden Hangneigung verlangen (s. Anlage 1, Tabelle zu 1.5PDF-Datei).

Diese Regelungen knüpfen an den Begriff der Böschungsoberkante an, der bereits in den früheren düngerechtlichen Regelungen für vergleichbare Abstandsregelungen maßgeblich war. Beispielsweise galt bereits bisher und gilt nach § 5 Abs. 2 DüV weiterhin, dass unabhängig von der Hangneigung bei der Düngung ein Abstand von 4m bzw. 1m bei Exakt-Ausbringung zur Böschungsoberkante einzuhalten ist.

Zu den vorgenannten Anforderungen bei bestimmten Hangneigungen hat das Bundesland NRW auf Basis der landesweit bestmöglich verfügbaren Datengrundlage im Dezember 2020 eine sogenannte Suchkulisse für alle an Gewässer angrenzenden Feldblöcke (die aus Sicht des Landes über entsprechende Hangneigungen verfügen) veröffentlicht, um die individuelle Betroffenheit besser abschätzen zu können. Dies bedeutet, dass die in der Suchkulisse vorhandenen Flächen mit hoher Wahrscheinlichkeit von den neuen rechtlichen Vorgaben betroffen sind bzw. im Suchraum mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Feldblock mit entsprechender Hangneigung anzutreffen ist.

Im Zusammenhang mit der Suchkulisse und den neuen rechtlichen Regelungen sind zwischenzeitlich verschiedene Fragen aufgelaufen, die anliegend im Sinne von FAQs zur besseren Handhabbarkeit der Vorschriften beantwortet werden.

Nach welcher Methodik wurde die Hangneigungskulisse erstellt?

Die konkrete Beschreibung kann dem beigefügten Dokument (Anlage 1PDF-Datei ) entnommen werden. Die landesweiten (digitalen) Daten haben geometrische Unsicherheiten im Bereich bis zu wenigen Metern.

Wo befindet sich die Böschungsoberkante (mäandrierender Gewässerverlauf) bzw. Linie des Mittelwasserstandes (lange Perioden mit geringer Wasserführung)?

Die konkrete Böschungsoberkante kann oftmals auch ohne konkrete Ortskenntnis (z.B. von Behörden oder Prüfern) bereits aus Luftbildern oder aus den Querprofilen in ELWAS auf Basis der DGM 1 abgeleitet werden. In Zweifelsfällen ist diese jedoch nur in der Örtlichkeit zu bestimmen. Der Bewirtschafter / die Bewirtschafterin trägt die Verantwortung für seine bzw. ihre Einschätzung, sofern diese von der vg. Suchkulisse abweicht. Im Falle einer Prüfung muss das Kontrollpersonal oder die Behörde jedoch nachweisen, dass die Einschätzung des Bewirtschafters fehlerhaft war. Zum Mittelwasserstand ist auf die Bestimmung des § 3 Abs. 4 Landeswassergesetz (LWG) hinzuweisen. Als Mittelwasserstand gilt das Mittel der Wasserstände derjenigen zwanzig Jahre, die jeweils dem letzten Jahr vorangehen, in dessen Jahreszahl die Zahl Zehn aufgeht. Stehen Pegelbeobachtungen für diesen zwanzigjährigen Zeitraum nicht zur Verfügung, so kann eine andere Jahresreihe verwendet werden. Solange Pegelbeobachtungen nicht vorliegen, bestimmt sich der Mittelwasserstand nach der Grenze des Graswuchses.

Pegeldaten werden online vom LANUV veröffentlicht: https://luadb.it.nrw.de/LUA/hygon/pegel.php

Handelt es sich überhaupt um ein oberirdisches Gewässer?

Bei einem oberirdischen Gewässer handelt es sich um ein in der Natur stehendes Wasser bzw. ständig oder zeitweilig fließendes Wasser, das in den natürlichen Wasserkreislauf eingebunden ist (siehe auch WHG § 3 Abs. 1).

Für fließende Gewässer enthält § 2 Abs. 2 LWG eine weitere Konkretisierung, dass diese oberirdischen Gewässer mit ständigem oder zeitweiligem Abfluss sind, die der Vorflut für Grundstücke mehrerer Eigentümer dienen. Anlagen zur Ableitung von Abwasser, Niederschlagswasser oder sonstigem Wasser sowie zur Straßenentwässerung gewidmete Seitengräben von Straßen (Straßenseitengräben) sowie Anlagen zur Bewässerung (Bewässerungsgräben) sind keine Gewässer.

Für die Kulissenfestlegung wurde die aktuelle Gewässerstationierung, das heißt ein digitales Abbild des Gewässers, zugrunde gelegt (vgl. Methodenbeschreibung). Vor Ort kann sich in Einzelfällen der reale Gewässerverlauf abweichend darstellen, z.B. nach Gewässerausbaumaßnahmen. Es wird angeraten bei Fragestellungen zur Gewässereigenschaft Kontakt mit der zuständigen Wasserbehörde aufzunehmen.

Welche Konsequenzen drohen bei einem Verstoß gegen § 5 DüV oder § 38a WHG?

Gemäß § 14 DüV ist ein Verstoß gegen § 5 Abs. 2 eine Ordnungswidrigkeit. § 5 DüV und § 38 a WHG sind zudem im Rahmen der EU-Förderung für die Einhaltung der Cross- Compliance (CC) relevant. Sie werden im Rahmen von CC-Kontrollen oder fachrechtlichen Kontrollen (z.B. nach Anzeigeverfahren) überprüft. Bei festgestellten Verstößen ist mit förderrechtlichen Konsequenzen zu rechnen.

Was muss ich unternehmen, um die Hangneigung rechtssicher abzuschätzen?

Die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen des § 5 DüV und § 38a WHG liegt nach dem Willen des Gesetzgebers im Verantwortungsbereich des Eigentümers/Bewirtschafters. Die vom Land zur Verfügung gestellte Suchkulisse ist eine Hilfestellung zur Feststellung der eigenen Betroffenheit. In den dort gekennzeichneten Flächen ist eine individuelle Abschätzung zur Hangneigung nicht erforderlich.

Die Suchkulisse bildet nach meiner Auffassung die realen Verhältnisse nicht zutreffend ab. Wie ermittele ich die durchschnittliche Hangneigung meiner Fläche (Rechenweg, Werkzeuge, Ausgangspunkte)?

(Hinweis: In wenigen Fällen kann die ermittelte mittlere Hangneigung von der Situation vor Ort abweichen, da im DGM10 beispielsweise Brücken fälschlicherweise mitberücksichtigt wurden.)

Die Anwendung der folgenden Schritte erfolgt digital auf elwasweb: www.elwasweb.nrw.de. Eine Anleitung zur Nutzung von ELWASWEB finden Sie in Anlage 2PDF-Datei

  1.  Es müssen pro relevanten Feldblock an der zu betrachtenden Gewässerseite mindestens 3 Höhenprofile angelegt werden. Diese sollten gleichmäßig über die Fläche verteilt sein. Bei weitgehend vergleichbaren Geländeverhältnissen sind die Höhenlinien im Abstand von 100 Metern anzulegen. In Gebieten mit deutlichen Höhendifferenzen ist der Abstand der Höhenprofile auf 50 Meter zu verkürzen.
  2.  Es sind an der Böschungsoberkante Punkte anzulegen, von denen aus senkrecht zur Böschungsoberkante an der zu betrachtenden Gewässerseite das Höhenprofil in der Fläche angelegt wird. Die Höhenprofile sollten das Gewässer bzw. das Gewässerbett miteinbeziehen, damit die Böschungsoberkante ausreichend genau bestimmt werden kann. (siehe Anlage 2PDF-Datei)
  3. Zu betrachten sind je Höhenprofil die Höhe an der Böschungsoberkante und die Höhe ca. 20 Metern in Richtung der betroffenen Feldblocks bei einer Hangneigung < 15 Prozent. Ob ggf. die Hangneigung ≥ 15 Prozent ist, ist für eine Strecke von ca. 30 Metern zu bestimmen (siehe Anlage 2PDF-Datei)

Die Ergebnisse sind als Screenshot (siehe Anlagen) zu dokumentieren und für die Nachvollziehbarkeit (Prüfung, Antragsverfahren) in die Betriebsakten zu übernehmen. Eine bildliche Detailansicht der einzelnen Punkte, wie sie in Anlage 2 dargestellt sind, ist nicht notwendig, da diese nicht direkt aus ELWAS erstellt werden können und vertiefte EDVKenntnisse voraussetzen.

Beträgt die durchschnittliche Hangneigung z.B. 4,9% oder 5,1%?

In Zweifelsfällen kann die vorgenannte Vorgehensweise mit geringeren Abständen der Höhenprofile wiederholt werden, um die Aussagegenauigkeit zu erhöhen. Generell wird aber in derartigen Grenzfällen die Einhaltung der Vorschriften des § 5 DüV bzw. 38a WHG empfohlen.

Wie rechtssicher ist meine eigene Einschätzung? Hält sie einer Kontrolle stand?

Das Risiko für eine fehlerhafte Einschätzung trägt der Flächenbewirtschafter. Bei Einhaltung der vorgenannten Mess- und Dokumentationsempfehlungen wird das Kontrollpersonal oder die Behörde das dokumentierte Ergebnis aller Voraussicht nach akzeptieren. Im Rahmen der Kontrolle werden die Ergebnisse durch die Behörde nach dem gleichen Verfahren überprüft.

Wird die Kulisse weiterentwickelt? Wie fließen meine Ergebnisse da ein?

Die Kulisse wird kontinuierlich weiterentwickelt (z.B. Nutzung der DGM1). Zur Unterstützung dieser Arbeiten können Sie ggf. Ihre Screenshots der Landwirtschaftskammer übermitteln – eine Bestätigung erfolgt von dort jedoch nicht.

Autoren:

  • Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen
  • Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen
  • Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen