Nitratdienst Juni 2018

Wintergerste früh abgereiftBild vergrößern
Die sommerlichen Temperaturen und der lokal auftretende Trockenstress haben die Abreife der Wintergerste eingeleitet. Ab dieser Phase werden von der Pflanze kaum noch Nährstoffe aufgenommen.

Sommer, Wachstum, Starkregenereignisse und mancherorts Stress

Der Nitratdienst berichtet über die Entwicklung des mineralischen Bodenstickstoffs unter den Referenzflächen im Zeitraum von Anfang Mai bis Anfang Juni. Der vierwöchige Zeitraum war von einer Witterung geprägt, die eine Fortsetzung der von Anfang Mai war. Es war insgesamt sommerlich schwül-warm und sehr sonnig. Die Tagestemperaturen lagen fast durchweg bei über 20 Grad Celsius und die Nachttemperaturen blieben fast immer im unteren zweistelligen Bereich. Lediglich an Pfingsten gab es für zwei bis drei Tage einen Temperaturknick nach unten. Sehr heiß wurde es nach Pfingsten in der letzten Maidekade mit hochsommerlichen Temperaturen um 30 Grad Celsius. Ausgiebiger Niederschlag in Form von Landregen blieb weitestgehend aus. Im Durchschnitt wurde an den Wetterstationen in NRW mit knapp 70 Millimetern Niederschlag so ziemlich die Menge des langjährigen Mittelwertes erzielt, die Verteilung dieser war jedoch sehr inhomogen. Das Wasser fiel oft in Kombination mit Gewittern, sodass es dadurch zu stark regional abweichenden Wassermengen kam. Dies bedeutete, das in solchen Fällen entweder nur sehr wenig Niederschlag fiel oder oft so große Mengen, dass die mancherorts oberflächlich ausgetrockneten und zum Teil verkrusteten Böden diesen nicht vollständig aufnehmen konnten. Bei lokal auftretenden großen Wassermengen, wie sie beispielsweise an der Station in Borken am 13. Juni mit über 30 Millimeter gemessen werden konnten, war das Potenzial auf leichten Böden aufgrund der geringen Wasserhaltekraft groß, dass eine Verlagerung von mobilem Nitratstickstoff in untere Bodenschichten stattfinden konnte. Insgesamt wurden an dieser Station innerhalb der vier Wochen 60 Millimeter Niederschlag gemessen, was bedeutet, dass die Hälfte des Niederschlags an nur einem Datum erzielt wurde! Als Gegenbeispiel kann die Station Lüdinghausen, ebenfalls im Westmünsterland gelegen, herangezogen werden. Hier wurden im Vergleich zur Station Borken insgesamt nur ca. 30 Millimeter gemessen, sodass hier die Bedingungen für eine Verlagerung von Nitratstickstoff automatisch geringer ausfielen. Die höchsten Niederschlagssummen wurden im Bergischen Land an der Station Solingen mit mehr als 150 und an der Station Wipperfürth mit über 180 Millimeter innerhalb des Referenzzeitraums gemessen. Hier kam es zu mehreren Starkregenereignissen.

Je nach Region ergaben sich durch die Kombination an ausreichend hohen und durch mehrere Niederschlagsereignisse gut verteiltem Wasser, ausreichend Sonnenschein sowie sehr hohen Luft- und Bodentemperaturen ideale Wachstumsbedingungen. Davon profitierten zum Beispiel viele Flächen mit kultivierten Sommerungen und reagierten mit sehr rasantem Wachstum. Wo es kurz- oder längerfristig zu Wasserstress kam, haben die breitblättrigen Sommerungen wie Mais, Kartoffeln und Zuckerrüben mit Blattrollen als Verdunstungsschutzmaßnahme dagegengehalten. Die Wintergetreidearten haben insbesondere auf flachgründigen und leichten Böden stärker gelitten. Hier konnte beispielsweise bei Wintergerste eine deutliche Gelbfärbung der Ähren und damit bereits das Einleiten der Abreife beobachtet werden. Auf besseren Standorten war die Lage Anfang Juni noch entspannt. Für alle Stressreaktionen bei den Pflanzen, sei es Blattrollen, ein verfrühtes Abreifen oder das für unser Auge nicht sichtbare Schließen der Spaltöffnungen gilt, dass die Pflanzen ihren Stoffwechsel reduziert haben und mangels Transpirationssog kaum Nährstoffe aufnehmen. In Phasen ohne Wasserstress waren die Bedingungen hingegen so wüchsig, sodass die Pflanzen große Mengen an Nährstoffen, insbesondere Stickstoff, mit dem Wasserstrom haben aufnehmen können. Mit dem Reihenschluss der in Reihen kultivierten Kulturen, der oftmals schon passiert ist sowie dem Wurzelwachstum in tiefere Bodenschichten wird die Gefahr einer Austrocknung der Böden und des Wasserstresses bei den Pflanzen deutlich reduziert. Die vorangegangene Trockenheit im Mai hat - sofern die Böden gut gelockert waren - zumindest dazu geführt, dass die Sommerungen das Wurzelwachstum in die Tiefe forciert haben.

Beste Bedingungen für Mineralisation von Stickstoff

Bei organisch versorgten Standorten ergaben sich aufgrund der überdurchschnittlich hohen Temperaturen, den Niederschlägen sowie dunklen Oberflächen durch noch fehlenden Reihenschluss ideale Bedingungen für eine Mineralisation. Bei Bodentemperaturen von durchweg mehr als 20 Grad Celsius (bewachsener Boden) an den meisten Standorten während des Beobachtungszeitraums war der Umsatz von eigener Biomasse bei den Mikroorganismen und damit einhergehend die Entstehung von pflanzenverfügbarem Stickstoff die Folgewirkung. Auch der früher schon einmal beschriebene „Priming-Effekt“, bei dem die Mikroorganismen bei einem gleichzeitigen Angebot von schnell verfügbarem mineralischem und leicht zersetzbarer organischer Substanz und sonst günstigen Bedingungen sehr schnell Biomasse umsetzen, wodurch die Nmin-Werte temporär stark ansteigen können, kommt mancherorts zum Tragen.

Die Dynamik des mineralischen Stickstoffs im Boden wurde und wird aktuell von sehr vielen Prozessen gesteuert und beeinflusst. Die weitestgehend sehr günstige Witterung und die ausgeprägten Tageslichtlängen haben bereits gute Voraussetzungen für das Wachstum bei den Pflanzen und den Umsatz bei den Mikroorganismen im Oberboden geschaffen. Neben dem durch Mineralisationsprozesse bereitgestellten Stickstoff haben im jüngsten Beobachtungszeitraum viele mit Getreide bestellte Flächen ihre Abschlussdüngung mit Stickstoff erhalten. Auch die ein oder andere Mais- und Kartoffelfläche wurde innerhalb der letzten Wochen gedüngt, bzw. nachgedüngt. Den Kulturen stand in der Regel genügend mineralischer Stickstoff für das Wachstum bei den Sommerungen oder die Einlagerung im Korn, wie z.B. bei Winterraps oder den bereits geblühten Wintergetreidearten zur Verfügung. In Einzelfällen ist aufgrund der lokal auftretenden Starkniederschläge auf leichteren Böden Stickstoff aus der Wurzelzone ausgewaschen worden. Insgesamt haben sich die Prozesse Stickstoffaufnahme durch die Pflanzen, Mineralisation von organischem Stickstoff, Düngung und Stickstoffverlagerung im Boden überlagert, sodass die Veränderung der Nmin-Werte immer heterogenen Ursprungs war.

Autor: Holger Fechner