Nitratdienst Dezember 2022

Wintergerste im SchneeBild vergrößern
Bei zuletzt stark fallenden Temperaturen bis in den Frostbereich und teilweise Schneefall ist die Vegetationsruhe pünktlich zum kalendarischen Winterbeginn eingetreten. Der Stoffwechsel der Pflanzen ist jetzt erst einmal zum Erliegen gekommen und viele nicht-winterharte Zwischenfrüchte dürften nun abgestorben sein.

Vegetationsruhe ist eingekehrt

Der Nitratdienst berichtet über die Entwicklung des mineralischen Bodenstickstoffs unter den Referenzflächen im Zeitraum von Anfang November bis Anfang Dezember. Zu Beginn des Beobachtungszeitraums sind die Temperaturen nach einem vorangegangenen sehr milden Herbst rapide gefallen und erreichten während eines Hochdruckeinflusses einen vorläufigen Tiefpunkt. Zu diesem Zeitpunkt kam es erstmalig landesweit zu ausgeprägten Nachtfrösten. Die Temperaturen stiegen dann jedoch schnell wieder deutlich an und es blieb erst einmal wieder mild. Mit dem Monatswechsel drehte sich der Trend erneut und es wurde dann mit fallendem Temperaturgang wieder kontinuierlich kälter. Zum Zeitpunkt der Probenahme lagen dann landesweit Temperaturen um den Gefrierpunkt vor. Niederschläge fielen verteilt über den gesamten Beobachtungszeitraum. Die Summen an den Wetterstationen lagen dabei an den Wetterstationen im Ruhrgebiet sowie im Bergischen Land teilweise bei mehr als 100 Millimeter (z.B. Essen: 139 Millimeter) und ansonsten meist zwischen 40 und 60 Millimeter. Durchschnittlich fielen an den Stationen 70 Millimeter, was nur geringfügig unter dem vieljährigen Klimamittel liegt.

Mit dem beschriebenen Witterungsgang hat zuletzt der Winter Einzug in NRW gehalten. Bei den niedrigen Temperaturen sowie kürzesten Tagen des Jahres wird der Stoffwechsel der Pflanzen heruntergefahren und die Vegetationsruhe eingeleitet. Die Frostereignisse bringen die nicht-winterharten Zwischenfrüchte weitestgehend zum Absterben. Der in allen Pflanzenorganen konservierte Stickstoff wird nun nach und nach an die Umwelt abgegeben und findet sich dann auch in den Nmin-Proben wieder. Während des Beobachtungszeitraums ergaben sich immer wieder Fenster, eine Bodenbearbeitung durchzuführen, um den letzten Winterweizen auszusäen oder Zuckerrüben zu ernten. Gedüngt werden durfte bis Anfang Dezember auf Nicht-Nitratbelasteten Flächen nur noch mit Kompost, Champost oder Festmist von Huf- oder Klauentieren. Diese Düngungsmaßnahmen werden düngerechtlich in NRW immer auf den Düngebedarf der ersten Hauptkultur in 2023 angerechnet und gelten somit als vorgezogene Düngemaßnahme.

Gewisse Nmin-Dynamik zum Jahresende feststellbar

Bei den vorliegenden Nmin-Werten des abgeschlossenen Beobachtungszeitraums ist entsprechend des beschriebenen Temperaturgangs und der Niederschläge eine gewisse Dynamik im Vergleich zu den Vormonatswerten festzustellen. Unter Wintergerste sind die Nmin-Werte gegenüber dem Vormonat durchschnittlich von 58 auf 35 und bei den übrigen Getreidearten von 87 auf 59 kg/ha gefallen. Der Rückgang ist teilweise auf eine Aufnahme durch die Pflanzen während der anfänglich noch vorherrschenden milden Witterung und teilweise auf eine Auswaschung insbesondere auf den leichteren Standorten zu erklären. Für letzteres spricht auch, dass aufgrund der Niederschläge an vielen Standorten die maximal nutzbaren Feldkapazitäten mittlerweile erreicht wurden und die Sickerwasserbildung eingeleitet wurde. Die nach unten gerichtete Bewegung von mobilem Nitratstickstoff in tiefere Bodenschichten lässt sich unter anderem an der mit Winter-Triticale bestellten Fläche nach Mais in Telgte oder an der Winterweizen-Fläche ebenfalls nach Mais in Mettingen beobachten, unter denen gewisse Mengen aus der Krumenschicht (0 bis 30 cm) in die mittlere und unterste Schicht (30 bis 60 cm und 60 bis 90 cm) eingewaschen wurden. Größere Anteile an mineralischem Stickstoff liegen insgesamt nun in den beiden untersten Schichten und damit außerhalb des derzeitig entwickelten Wurzelapparates vor. Ob dieser Stickstoff bis zum Vegetationsstart und für das dann tiefer wachsende Wurzelwerk konserviert werden kann hängt nun vom Witterungsverlauf der kommenden Wochen ab. Unter dem auf schwereren Standorten angebauten Winterraps haben sich die durchschnittlichen Nmin-Werte im Vergleich zum Vormonatswert von 41 auf 20 kg/ha halbiert. Da auf solchen Böden naturgemäß eine höhere Wasserspeicherkapazität aufweisen, spielt hier eine Drift an Nitratstickstoff eher weniger eine Rolle. Die Kultur Raps hat den größten Teil somit aufgenommen. Unter manchen mit Zwischenfrüchten bestellten Flächen ist bereits ein Anstieg des Nmin-Wertes auszumachen, der durch ein Platzen der Vakuolen durch den Frost und ein Freisetzen des Stickstoffs zustande kommt. So lässt sich dies etwa bei der mit ZF-Phacelia eingesäten Fläche in Petershagen-Frille oder bei der mit einer ZF-Mischung bestellten Fläche in Horstmar feststellen, bei der einige nicht-winterharte Arten Bestandteil der Mischung sind.

Jahresrückblick auf das Stickstoffgeschehen

Das zurückliegende Jahr war ein ganz besonderes Jahr in Bezug auf die Witterung, die Entwicklung der Bestände, der Nmin-Dynamik und Erträge sowie Qualitäten. Nach ausgiebigen Niederschlägen im Februar und folglich im Wurzelraum gut wasser-gesättigten Böden konnten die Winterungen die ersten N-Gaben gut in Wachstum umsetzten. Niederschläge waren ab März jedoch Mangelware und es zeichnete sich eine ausgeprägte Frühjahrs- und Frühsommertrockenheit ab. Landregenereignisse fehlten fast in Gänze und nur regional kam es in unregelmäßigen Abständen zu einzelnen Niederschlagsereignissen, wobei die Verteilung und die jeweiligen Summen sehr unterschiedlich ausfielen. Auf mittleren und schweren Böden reichten die Wasserreserven noch länger vor, wohingegen auf leichten Böden das Wasser nach und nach knapper wurde. Die Trockenheit und später auch die hohen Temperaturen sowie hohe Strahlungsintensität führten zu einer fast historischen schnellen Abreife von Wintergetreide und Winterraps. Spätgaben an Stickstoff konnten in Abhängigkeit von der dargereichten Form oft nur noch schlecht wirken. In Kombination mit der schnellen Abreife wurde der spät applizierte Stickstoff zumindest bei Winterweizen unzureichend in Rohprotein umgesetzt. Hierbei kristallisierten sich jedoch große Unterscheide zwischen einzelnen Sorten aber auch Standorten heraus. Die trockene Witterung führte dazu, dass der Krankheitsdruck bei den Kulturen äußerst gering ausfiel. Alles in allem veranlassten die Bedingungen dazu, dass es gute bis sehr gute Erträge bei allen Winterungen gab, jedoch oft mit Einbußen bei der Qualität. Gründe für Letzteres waren neben der Witterung und der damit verbundenen Auswirkung auf die Pflanzenverfügbarkeit von N-haltigen Düngemitteln auch der hohe Preis und die knappe Verfügbarkeit von mineralischem N-Düngemitteln auf dem Markt, was zur Sparsamkeit verpflichtet hat. Selbst Wirtschaftsdünger waren ein knappes Gut, die sich aber grundsätzlich weniger für die qualitätsbezogenen Düngetermine eignen. Vergessen werden darf aber auch nicht, dass sich bei höheren Erträgen auch ein Verdünnungseffekt hinsichtlich der Qualitäten einstellt. Nicht zuletzt war auch die Nachlieferung von Stickstoff mit Hilfe der Mikroorganismen im Boden durch die Trockenheit und Hitze gehemmt und es konnte zu den entscheidenden Zeitfenstern weniger Stickstoff als sonst bereitgestellt werden. Dies hat sich auch nach der Ernte bei der Umsetzung der Erntereste fortgesetzt. Alle Sommerungen – es sei denn, es hat eine Beregnung stattgefunden – haben meist sehr unter der Witterung gelitten. Insbesondere der Mais auf den leichten Standorten im Münsterland hat teilweise historisch niedrige Erträge und sehr hohe TM-Gehalte hervorgebracht. Die N-Ausnutzung war hier entsprechend suboptimal. Ausgiebige Niederschläge gab es erst wieder ab der zweiten Septemberhälfte. Zuvor gesäte Zwischenfrüchte und Winterrapsbestände taten sich bei der zuvor vorherrschenden Trockenheit schwer mit der Etablierung. Die später vorhandene Feuchtigkeit gepaart mit einem langen sehr milden Temperaturgang bis weit in den November führte jedoch dazu, dass sich diese Kulturen und alle später gesäten Winterungen sehr zügig entwickeln und größere Mengen an Stickstoff aus dem Boden aufnehmen konnten. Es lagen auch sehr gute Bedingungen für eine Mineralisation vor, die entsprechend hohe Mengen an mineralischem Stickstoff freigesetzt hat – hier wurden z.T. enorme Mengen umgesetzt, die in den zuvor trocknen Verhältnissen nicht möglich war zu mineralisieren. Eine Herbstdüngung war unter diesen Umständen unter fachlichen Gesichtspunkten meist nicht angebracht. Insbesondere Winterraps und Wintergerste zeigten das üppige N-Angebot zuletzt entsprechend mit üppigem Wachstum an. Diese beiden Kulturen sowie viele Zwischenfruchtbestände haben Ende des Jahres somit noch beträchtliche Mengen an mineralischem Stickstoff aufgenommen und konservieren diesen nun mehr oder weniger lang in ihrer lebenden Biomasse, bis dass die neue Vegetationsperiode erneut beginnt.

Autor: Holger Fechner