Räuber gegen Blattläuse

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Adulte Gallmücke; Foto: Marion Ruisinger


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Adulte Schwebfliege; Foto: Marion Ruisinger


Florfliegenlarve auf der Suche nach BeuteBild vergrößern
Florfliegenlarve auf der Suche nach Beute; Foto: Marion Ruisinger


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Marienkäferlarve; Foto: Marion Ruisinger


Zur biologischen Bekämpfung von Blattläusen im geschützten Anbau stehen mehrere Blattlausräuber zur Verfügung. Dazu gehören verschiedene Marienkäferarten, Räuberische Gallmücken, Schwebfliegen und Florfliegenarten. Sie sind vor allem bei stärkerem Schädlingsbefall eine gute Ergänzung zu den Blattlausparasitoiden (Schlupfwespen), da sie in kurzer Zeit viele Schädlinge vertilgen können.

Blattlausräuber sind im Gegensatz zu den verschiedenen Schlupfwespenarten nicht auf bestimmte Blattlausspezies spezialisiert. Sie fressen alle gängigen Blattlausarten, die im geschützten Anbau vorkommen. Ihr Einsatz ist in Kombination mit Blattlaus parasitierenden Schlupfwespen im geschützten Anbau von Beerenobst, Gemüsekulturen, Schnittblumen und Topfpflanzen möglich.

Die Räuberische Gallmücke Aphidolethes aphidimyza

Aphidolethes aphidimyza gehört zur Familie der Gallmücken, die auch viele schädliche Vertreter beinhaltet. Innerhalb der Familie sind neben Aphidolethes aphidimyza noch fünf weitere Gallmückenarten bekannt, die sich von Blattläusen, Schildläusen, Weißen Fliegen und anderen Insekten und Milben ernähren.

Die Entwicklungsdauer von Aphidolethes aphidimyza ist von der Temperatur, der vorhandenen Blattlausart, der Blattlausdichte und der relativen Luftfeuchtigkeit abhängig.

So beträgt ihre Entwicklungsdauer vom Ei bis zum erwachsenen Tier bei 15°C ca. 32 Tage, bei 25°C nur noch 15 Tage. Hohe Luftfeuchtigkeit (>70%) begünstigt die Entwicklung der Tiere.

Aphidolethes aphidimyza wird im Puppenstadium in dem Trägerstoff Vermiculit mit 400, 500 oder 1000 Tieren pro Einheit geliefert. Das Material wird am besten an schattigen Plätzen in kleinen Häufchen auf feuchtes Substrat oder Erde gestreut, wobei die Stellen vor Gießwasser geschützt sein sollten. Bereits nach wenigen Tagen schlüpfen aus den Puppen männliche und weibliche Gallmücken, die nur während der Dämmerung oder nachts aktiv sind. Nach der Paarung legen die Weibchen ihre 0,3 mm langen, orangeroten Eier in Blattlausherde ab. Pro Weibchen können bis zu einhundert Eier abgelegt werden. Die erwachsenen Tiere leben nur von Honigtau und erbeuten keine Blattläuse.

Nach zwei bis drei Tagen schlüpfen aus den Eiern die ebenfalls orangegelben Gallmückenlarven aus. Die kleinen Larven benötigen nach ihrem Schlupf Feuchtigkeit. Wenn sie keine Blattläuse finden, nehmen sie Honigtau auf. Während ihres Larvenlebens frisst jede Larve bis zu 100 Blattläuse, wobei sie die Blattläuse vorher mit einem Gift lähmt. Kurz vor ihrer Verpuppung ist die Larve 2,5 mm lang. Je nach Blattlausart und Wirtspflanze ist sie gelb, orange, rot, braun oder gräulich gefärbt.

Zur Verpuppung verlassen die Larven die Blätter der Pflanze und graben sich ca. einen Zentimeter in den feuchten Boden ein. In Kulturen bei denen die Bodenoberfläche mit Folie abgedeckt ist, kann deshalb die Entwicklung der Gallmücken beeinträchtigt sein. Der Kokon der Puppen besteht aus langen, klebrigen Fäden, die mit Sandkörnern und anderen kleinen Bodenbestandteilen bedeckt sind, weshalb sie schwer erkennbar sind.

Nach 8- 10 Tagen schlüpfen die adulten Tiere aus dem Kokon und ihr Entwicklungszyklus beginnt erneut.

In der Natur treten die räuberischen Gallmücken von Mai bis September auf. Ihr Einsatz unter Glas und Folie sollte deshalb nur unter Langtagbedingungen bei mindestens 16°C in der Nacht erfolgen. Außerhalb des natürlichen Langtages kann Aphidolethes aphidimyza mit Hilfe einer Zusatzbelichtung (5 Watt/m²) eingesetzt werden.

Die erforderliche Einsatzmenge ist abhängig von dem Befallsdruck mit Blattläusen. Präventiv ist der zweimalige Einsatz von umgerechnet einem Tier pro Quadratmeter im Rahmen einer „Offenen Zucht“ erforderlich. Bei Befall sollten mindesten zwei Tiere pro Quadratmeter Kulturfläche im Abstand von einer Woche freigelassen werden.

Die Florfliege Chrysoperla carnea

Adulte Florfliegen sind mit ihrer gelbgrünen Färbung, ihren großen Glasflügeln und ihren goldenen Augen den meisten Menschen bekannt, da sie sehr auffällig sind und häufig im Herbst in Innenräumen Plätze zur Überwinterung suchen. Die erwachsenen Tiere sind zwischen 25 und 30 mm lang und leben nur von Pollen, Blütennektar und Honigtau.

Die Weibchen von Chrysoperla carnea legen bis zu 500 gestielte, ovale Eier in Blattlausherden an der Blattober- und unterseite ab. Die Stiele bieten Schutz vor Kannibalismus und anderen Feinden.

Aus den Eiern schlüpfen die für die Blattlausbekämpfung interessanten Larven. Das erste Larvenstadium ist ca. 2- 3mm lang und fast durchsichtig. Während ihrer Entwicklung durchlaufen sie noch zwei weitere Larvenstadien und wachsen dabei auf bis zu 10mm an. Sie sehen alligatorenartig aus, sind braun gefärbt und habe zwei kräftige Beißzangen. Damit packen sie ihre Beute und saugen sie aus, nachdem sie ihr Speichel zur besseren Verdauung injiziert haben. Häufig ist die Beute der Larven größer als sie selbst. Eine Larve kann während ihrer Entwicklung bis zu 400 Blattläuse aussaugen. Neben diesen werden auch Larven von Thripsen, Spinnmilben, Wollläusen und andere kleine Insekten akzeptiert.

Die Puppe der Florfliege entwickelt sich in einem kugelförmigen, weißen Gespinst an geschützten Plätzen.

In Mitteleuropa werden pro Jahr zwei Generationen unter Freilandbedingungen gebildet. In Gewächshäusern können sich mehrere Generationen bei genügendem Nahrungsangebot für alle Entwicklungsstadien entwickeln.

Florfliegen sind im Eistadium auf Karten zum Aufhängen im Pflanzenbestand oder lose zum ausspritzen oder verblasen erhältlich. Häufiger ist jedoch die Anwendung des ersten und zweiten Larvenstadiums in Multizellen aus Pappe oder als loses Material in Buchweizenspelzen.  Diese Art der Verpackung bietet Schutz vor gegenseitigem Kannibalismus. Am besten streut man die Florfliegenlarven an verschiedenen Stellen im Pflanzenbestand aus. Pro Quadratmeter sollten vorbeugend mindestens fünf, in großen Pflanzen  zehn Florfliegenlarven im Abstand von vierzehn Tagen eingesetzt werden. Bei bereits vorhandenem Befall sind Einsatzmengen von mindesten 25 Tieren pro Quadratmeter in wöchentlichen Abständen zu empfehlen.

Florfliegenlarven können bereits ab 7°C eingesetzt werden.  Unter diesen Bedingungen entwickeln sie sich zwar nicht zum Vollinsekt, haben aber eine beträchtliche Fraß Leistung.

Marienkäfer

Marienkäfer gehören zu den bekanntesten Nützlingen und sind mit rund 70 Arten in Mitteleuropa vertreten. Die Anzahl der Punkte auf den Flügeldecken gibt nicht etwa das Alter der Tiere an, sondern ist ein artentypisches Erkennungsmerkmal, wobei es auch, wie bei dem Asiatischen Marienkäfer, Ausnahmen geben kann. Bei dieser Art können Färbung und Anzahl der Punkte variieren. Neben den Marienkäferarten, die Blattläuse fressen existieren auch Arten, die sich von Pflanzen, Mehltaupilzen und Schildläusen ernähren.

Zur Blattlausbekämpfung werden in Deutschland die beiden Arten, Adalia bipunctata und Coccinella septempunctata kommerziell vertrieben. Adalia bipunctata gibt es in zwei Ausführungen: Rot mit zwei schwarzen Punkten und schwarz mit zwei roten Punkten. Coccinella septempunctata ist orange bis rot gefärbt und hat auf den Deckflügeln sieben schwarze Punkte und am Flügelansatz zwei weiße Punkte.

Beide Marienkäfer ernähren sich sowohl als Larve und als adulter Käfer von Blattläusen. Dabei haben sie ein großes Blattlausspektrum, das sie als Nahrung akzeptieren. Coccinella septempunctata kann sich zusätzlich auch von Blütennektar und – pollen ernähren.

Marienkäfer entwickeln sich vom Ei über vier Larvenstadien und dem Puppenstadium zum erwachsenen Käfer. Die gelben Eier werden meistens in Verbänden vertikal in Blattlausherden abgelegt. Frisch geschlüpfte Larven ernähren sich zuerst von den leeren Eihüllen, um zu Kräften zu kommen. Sie haben keine Ähnlichkeit mit den erwachsenen Stadien, sind grauschwarz mit gelblichen oder roten Flecken und haben drei schwarze Beinpaare. Am Hinterleib sind die Larven mit einem Saugnapf ausgestattet, der verhindert, dass sie vom Blatt fallen. Die Verpuppung findet ohne Kokon auf der Unterseite der Blätter statt. Direkt nachdem die Käfer geschlüpft sind, haben sie ihre typische Färbung und Punktierung noch nicht. Diese entwickelt sich erst etwas später. Zum Schutz vor Feinden verfügen die Käfer über verschiedene Mechanismen. Ihre orange bis rote Färbung signalisiert ihren Feinden Gefahr und dass sie bitter schmecken. Wird ihre Signalfarbe ignoriert, stellen sie sich bei Gefahr tot, legen sich dabei auf den Rücken und verstecken ihre Beine und Antennen, denn die wenigsten Tiere fressen tote Insekten. Hilft das alles noch nicht wendet der Käfer das sogenannte „Scheinbluten“ an. Dabei scheidet der Käfer eine unangenehm riechende, bittere, gelbe Flüssigkeit aus.

Marienkäferlarven fressen während ihrer Entwicklung bis zu 150 Blattläuse. Der erwachsene Käfer ernährt sich Zeit seines Lebens von den Schädlingen.

Marienkäfer sind als Eier, Larven oder als adulte Tiere erhältlich. Larven sind Orts treu und sollten direkt in Blattlausherden ausgebracht werden. Käfer sind sehr beweglich und aus dem Gewächshaus bei geöffneten Lüftungen fliegen. Vorteil dieses Entwicklungsstadiums ist, dass sie selbstständig Blattlausherde aufsuchen können.

Die Tiere werden auf Papierstreifen geliefert, mit denen befallene Pflanzen belegt werden. Für die Ausbringung an Bäumen oder größeren Gehölzen bieten sich Marienkäfer in Baumwollsäckchen an, die einfach an die Gehölze gehängt werden können.

Die Anzahl der freizulassenden Marienkäfer richtet sich nach der Stärke des Blattlausbefalls. Bei schwachem Befall sind 10 Tiere/m² ausreichend. Bei sehr starkem Befall sind 50 Tiere/m² empfehlenswert.

Der Einsatz von Marienkäfern in Säckchen bei Gehölzen richtet sich nach der Größe des Gehölzes. Pro 25 cm Stammumfang wird ein Säckchen mit jeweils 100 Tieren empfohlen.

Der Asiatische Marienkäfer - Harmonia axyridis

Die aus Asien stammende Marienkäferart, Harmonia axyridis, wurde Mitte der 90-er Jahre in Europa in Gewächshäusern freigelassen und konnte sich auch in Deutschland im Freiland etablieren. Häufig fällt er im Herbst unangenehm auf, wenn er sich an warmen Häuserwänden in Massen versammelt, um Überwinterungsplätze zu suchen.

Er stellt zu unseren einheimischen Marienkäferarten eine Konkurrenz dar, weil er gefräßiger und während der Vegetationsperiode länger aktiv ist.

Äußerlich ist er sehr variabel, kann gelb, orange, rot oder schwarz gefärbt sein und völlig ohne Punkte oder bis zu 21 Punkte aufweisen. Das Halsschild ist hell- gelblich und weist (von vorne betrachtet) ein schwarzes W auf.

Die Schwebfliege Episyrphus balteatus

Schwebfliegen sind durch ihre gelb- schwarze Zeichnung auf den ersten Blick Wespen sehr ähnlich. Sie haben aber keine „Wespentaille“ und ihnen fehlen die langen Fühler. Stattdessen tragen sie wie alle Fliegen kurze Kopfstummel. Im Sommer fallen sie häufig durch ihren typischen Schwebflug auf.

In Mitteleuropa sind etwa 300 Schwebfliegenarten bekannt, von denen etwa 100 Arten zu den Blattlausräubern zählen. Dabei spielen nur ihre Larven eine Rolle als Blattlausfeind. Die erwachsenen Tiere ernähren sich von Pollen und Blütennektar. Sie sind wichtige Bestäuber in der Natur.

Die ein bis zwei Zentimeter langen Schwebfliegen legen ihre weißen, ovalen Eier in Blattlausherden ab. Die Larven entwickeln sich über drei Entwicklungsstadien und einem Puppenstadium zum erwachsenen Tier. Die Größe der Larven schwankt zwischen ein und zwei Zentimetern, sie sind weißlich durchscheinend, so dass man ihre inneren Organe von außen erkennen kann. Die Puppen sind tropfenförmig und ca. 7mm lang. Sie sitzen häufig unter den Blättern.

Pro Schwebfliegenweibchen werden bis zu 500 Eier, in einzelnen Fällen auch mehr Eier abgelegt. Die Entwicklung vom Ei bis zum erwachsenen Tier dauert bei 22°C ca. 17 Tage. Bei Temperaturen unter 15°C findet keine Vermehrung statt. Eier können sich noch ab 10°C zur erwachsenen Schwebfliege entwickeln, wodurch der Einsatz von Schwebfliegenlarven auch in diesem Temperaturbereich sinnvoll sein kann.

Schwebfliegen sind als Larve in Buchweizenspelzen zum Ausstreuen oder im Puppenstadium erhältlich. Larven sollten direkt in Blattlausherde gestreut werden, Puppen werden in der Verpackung auf einen schattigen Platz gestellt. Hohe Luftfeuchtigkeit erhöht die Schlupfrate der Schwebfliegen.

Die Haare stark behaarter Pflanzenarten können die Larven verletzen. Deshalb ist ein Einsatz in Gurken, Tomaten und anderen stark behaarten Pflanzenarten nicht erfolgreich.

Autor: Marion Ruisinger