Rosskastaniensterben beunruhigt Baumschulen, Kommunen und Bürger

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Blutende Stellen sowie Risse und Dellen am Hauptstamm von Rosskastanien deuten auf eine Bakterieninfektion mit Pseudomonas syringae hin. Foto: Dr. Monika Heupel

In den vergangenen Jahren wurden dem Pflanzenschutzdienst von vielen Standorten in Nordrhein Westfalen Schäden an Rosskastanien gemeldet. Besonders zahlreich sind die Meldungen von Kommunen, die Schadsymptome und Absterbeerscheinungen in Kastanienalleen beschreiben.

In den Alleen sind starke Laubaufhellungen und das Absterben einzelner oder auch umfangreicher Kronenbereiche der Bäume zu beobachten. Es treten schwarze, teilweise blutende oder bereits verkrustete Stellen an der Rinde des Stammes auf. Auch große Stammrisse und das Vorhandensein von Pilzfruchtkörpern wurden festgestellt. In einigen Fällen trat bereits sekundärer Befall mit tierischen Schädlingen auf. Ein Befall wurde sowohl an sehr jungen Bäumen mit einer Standzeit bis 20 Jahre als auch an sehr alten Beständen mit Standzeiten von über 60 Jahren verzeichnet.

In vielen Fällen waren Pflanzenproben zur Testung auf Krankheitserreger im Labor des Pflanzenschutzdienstes zur Untersuchung. Dabei konnte in zahlreichen Proben die bakterielle Rindenkrankheit der Rosskastanie ausgelöst durch Pseudomonas syringae pv. aesculi nachgewiesen werden. In anderen Proben waren nur sekundäre pilzliche Holzzersetzer u.a. der Samtfußrübling nachzuweisen.

Pseudomonas syringae pv. aesculi wurde 2006 erstmalig in NRW an der weißblühenden sowie an der rotblühenden Rosskastanie (Aesculus hippocastanum und Aesculus carnea) nachgewiesen. Die Bakterienkrankheit wurde zunächst in Großbritannien, dann 2002 in den Niederlanden und Belgien beschrieben. Offensichtlich hat eine Ausbreitung in Windrichtung von Westen stattgefunden. Wie bei anderen Bakterien auch nutzt der Erreger wahrscheinlich natürliche Öffnungen und Wunden, um die Bäume zu befallen.

Symptome

Die Abwehrmaßnahmen des Baumes führen zu den beobachteten blutenden Stellen, die später verkrusten und rostige am Stamm herab laufende Flecken und Streifen hinterlassen. Ein Bluten ist besonders im Frühjahr und Herbst bei hoher Feuchtigkeit und milden Temperaturen zu beobachten. Das Holz unterhalb der Rinde zeigt orange-braune bis rötliche ungleichmäßige mosaikartige Verfärbungen mit deutlichen Abgrenzungslinien zum gesunden Gewebe. Bislang wurden die blutenden Stellen nur am Stamm bis zu einer Höhe von 5 bis 7 Meter beobachtet. Die Schäden bleiben in Abhängigkeit von der Witterung zunächst häufig auf den Rindenbereich begrenzt. Besonders in diesem Jahr wurde ein fortgeschrittener Befall in das darunterliegende Holz mit nachfolgendem Auftreten von sekundären Holzzersetzern bis hin zu Armillaria beobachtet. In vielen Fällen ist der tatsächliche Umfang des Befalls durch ausschließliche Beurteilung der Rinde nicht festzustellen. Unterhalb der Rinde zeigen sich die sehr langgestreckten streifenförmigen Verfärbungen im Holz. Verwechselungen mit Befall durch den Pilz Phytophthora sind dann möglich, wenn der Befall nur am unteren Stammbereich auftritt. Phytophthora schädigt Aesculus durch Wurzel- und Stammbefall. Die Schäden sind äußerlich durch starke Verfärbungen am Stammgrund sichtbar. Das Holz darunter zeigt Verfärbungen, jedoch nicht die bei Pseudomonas typischen Marmorierungen.

In Forschungsprojekten in den Niederlanden wurden für Pseudomonas syringae pv. aesculi keine weiteren Wirtspflanzen festgestellt. Offen bleibt die Frage, warum die sehr starken Schäden besonders in diesem Jahr an Aesulus deutlich werden. Insgesamt haben die Bäume bedingt durch die Witterungsverläufe der letzten Jahre mit starkem Frost, Trockenheit und hohen Temperaturschwankungen eine sehr viel stärkere Prädisposition gegenüber Schaderregern. Dazu trägt auch die in vielen Fällen bei den weißblühenden Bäumen durch die Kastanienminiermotte stark verminderte Assimilationsfläche bei.

Es kann vermutet werden, dass dadurch bedingt ein Befall mit Pseudomonas zu stärkeren Schäden führen kann als zuvor. Der vielfach beobachtete sekundäre Befall mit holzzersetzenden Pilzen führt dann an weniger optimalen Standorten vor allem in den Städten schnell zu Minderwuchs und den beschriebenen Absterbeerscheinungen. Da in der Regel unabhängig vom primären Krankheitserreger die Verkehrssicherheit befallener Bäume bedroht ist, sind frühzeitige Maßnahmen erforderlich.

Bekämpfungsmöglichkeiten

Bekämpfungsmöglichkeiten gibt es weder im chemischen noch im biologischen Bereich. Die Standortverbesserung ist vor allem im städtischen Bereich eine Grundvoraussetzung für gutes Baumwachstum. Bei Bäumen im Privatbesitz muss die Entscheidung über Maßnahmen vom Befallsausmaß abhängig gemacht werden. Erfahrungsgemäß führt ein ausschließlicher Befall mit Pseudomonas syringae pv. aesculi nicht immer zum schnellen kompletten Absterben des gesamten Baumes.

Die jetzt auftretenden Schäden müssen als komplexes Krankheitsphänomen bei dem die Pseudomonas-Bakterien, Holzfäulepilze und die Witterung ausschlaggebend sind betrachtet werden. Weitere Beobachtungen und Untersuchungen für die Aufklärung sind erforderlich.

Probenahme

Für die genaue Diagnose von Pseudomonas-Befall im Labor ist die Probe die Grundlage. Erfahrungsgemäß ist der Nachweis nur aus einer sehr umfangreichen Probe aus dem Holz unterhalb frischer blutender Stellen des Kastanienstammes möglich. Dazu ist die schnelle Lieferung dieser Probe an das Labor notwendig. Pflanzenproben sollten also an den nekrotischen blutenden Stellen nach dem Abtrennen der Rinde mit einem Beil, mit einem sauberen Messer entnommen werden. Es werden Holzstücke von ca. 5cm Länge und bis 1-2cm Dicke aus dem Übergangsbereich des kranken Gewebes zum gesunden Gewebe benötigt.

Die Proben müssen innerhalb von einem Tag das Labor erreichen.

Die Untersuchungen sind gebührenpflichtig und kosten derzeit 60,-€. Auch wenn in der Probe kein Nachweis des bakteriellen Keims Pseudomonas syringae pv. aesculi erfolgte kann dennoch eine Erkrankung durch diese Bakterien vorliegen. Der Erreger Pseudomonas lässt sich in Kastanien nicht zu allen Jahreszeiten erfolgreich nachweisen.

Autor: Dr. Monika Heupel